Jesus junge Garde

Ein Bericht der ARD zeigt eine mir noch recht neue christliche Bewegung – unter dem Titel „Jesus junge Garde“ wird The Call vorgestellt. Jugendliche werden in stark spirituellen Workshops zu Missionaren ausgebildet. Sie ziehen durch Deutschland, predigen auf der Straße und reißen wiederum andere Jugendliche mit. Im Bericht besonders hervorgehoben, weil sehr anschaulich, sind ihre Positionen zu Abtreibung, Homosexualität oder vorehelichem Sex.

Interessant sind die Reaktionen von unerwartet Angesprochenen. Im Sinne von „Naja, wenns klappt?“ geben sie ihre Adressen raus. Sie hören zu, lassen sich segnen und für sich beten. Aber wissen sie, worauf sie sich einlassen?

Und was steckt dahinter? Bei den amerikanischen Anbetungen wird zum Schluss die amerikanische Flagge angebetet. In den USA wurde The Call mittlerweile durch The Cause abgelöst, eine noch stärker politisch ausgerichtete Gruppe, die sich (laut Wikipedia) seit 2004 gegen die gleichgeschlechtliche Ehe einsetzt.

Aus eigener Erfahrung kommt mir zumindest die Grundausrichtung der evangelikalen Bewegung bekannt vor. Die Gebetsformen sieht man heute im Fernsehen, und die musikalischen Elemente sind mir als Gospelmusiker auch nicht fremd. Doch so sehr man sich über eine Rückkehr der Jugend zu Gott freuen könnte – so tut es fast schon weh. Dass sie davon erzählen wollen, ja, gar müssen (wie heißt es doch: Denn wovon das Herz voll ist, davon redet der Mund), kann ich gut verstehen und aus eigener Erfahrung bestätigen. Doch was sollte die Aufgabe eines Predigers sein? Jesus hat es an sich gut vorgemacht: Nicht direkt den Leuten alles vorgeben, ihnen alles versprechen – sondern in Zurückhaltung und Demut leben. Das Wort Prediger kommt vom lateinischen praedicare, was soviel wie „öffentlich aussagen“ heißt. Ich verstehe dies als Aufforderung, von Gott zu erzählen – aber nicht als Aufforderung, anderen etwas aufzudrücken.

In meiner Arbeit als Gospelchorleiter mache ich meinen Sängern immer klar, dass wir eine Botschaft zu überbringen haben. Dass wir dies fröhlich und glaubwürdig machen müssen. Umgekehrt muss aber jedem, der uns zuhört, die Möglichkeit der freien Interpretation bleiben. Wenn er – was ich durchaus nachvollziehen kann – mit Gott nichts zu tun haben will, kann ihn auch keiner dazu zwingen, erst recht nicht durch allzu mitreißende Reden. Wenn er sich aber auf Gott einlässt, nehmen wir ihn mit Freude mit und zeigen ihm, wie wir die Umsetzung von Jesu Leben heute verstehen: In einer Gemeinschaft von rund zwanzig Leuten, die sich einmal die Woche zur Chorprobe treffen, hinterher gemütlich beim Italiener einkehren und einander in Ängsten und persönlichen Nöten helfen.

Was ich im Gegensatz dazu im vorliegenden Film bei The Call erkennen konnte, ist reines Missionarstum. Zwar stehen in mitreißenden Events auch gemeinschaftliche Erlebnisse im Vordergrund, ganz primär sehe ich aber einzelne Missionare, die auf der Straße andere Jugendliche zu bekehren versuchen, um auch sie zu Missionaren zu machen.

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